10.11.2023

„Debating habe ich gewissermaßen zu meiner Profession gemacht!“

berichtet von Dr. Oliver Greuling

Kieran Verdano im Zentrum des Interesses

so Kierans Antwort auf die Frage, ob ihm Debating Spaß gemacht habe. Rechtsanwalt Kieran Verdano berichtete am 20. Oktober 2023 von seinem Werdegang als Schüler am Wirtschaftsgymnasium (WG) der ersten Generation Global Studies bis hin zur aktuellen Station als Associate bei der Kanzlei Baker McKenzie in Frankfurt/M.

 

In loser Folge referieren Ehemalige des Internationalen Zugs am WG über ihre Ausbildungsstationen seit dem Abgang als Abiturienten. Kieran Verdano zählt zum ersten Jahrgang einer Klasse mit Global Studies, die im Jahr 2007 mit dem Abitur abschloss. Die Wege zwischen den Stationen beschrieb er spannend und gleichzeitig auf sehr gewinnende Art vor den Klassen der Jahrgangsstufe 1 und der aktuellen Internationalen aus der Jahrgangsstufe 2. 

„Bei uns in der Kanzlei Duzen wir uns in unserem Team normalerweise, ich hoffe, das ist für Euch O.K. so“, lautete Kierans erster Satz, um damit gleich von Anfang an eine Brücke zu den rund 90 Schülerinnen und Schülern zu schlagen. Anhand von ihm vorab zugeschickten und in den Klassen gesammelten Fragen, strukturierte er seinen kurzweiligen Vortrag. Die erste Frage galt dabei der Schulzeit am WG.

Während er sich im Nachhinein betrachtet dazu bekennen würde, dass er in der Schule ressourcenschonend eher nach dem für BWLer bekannten "Minimalprinzip" das Abitur ablegte, sollte sich das bei der anschließenden Ausbildung zum Finanzassistenten bei der Kreissparkasse in Ravensburg grundlegend ändern. Kieran sah sich hier nicht nur gefordert bei der umfangreichen und breit angelegten Ausbildung, sondern er wurde zudem in seiner beruflichen Entwicklung stark gefördert. Die Idee, ein Jura-Studium zu beginnen, kam vom Justitiar der Kreissparkasse Ravensburg, der meinte, „So, wie Sie an die Sachverhalte herangehen, traue ich Ihnen ein Jurastudium ohne Weiteres zu. Überlegen Sie es sich.“.

Nach sechs Jahren als Banker begann Kieran sodann sein Jura-Studium, das ihn an die Universitäten Tübingen und Freiburg führte. Er machte deutlich, dass mit einem Jura-Studium sehr viel Disziplin und gleichzeitig auch zeitweise, insbesondere in der Examensphase, Verzicht verbunden sei, da man bspw. in der Examensphase nebenher nur wenig arbeiten könne und stattdessen die Zeit für das Studium aufwenden müsse, um ein gutes Examen ablegen zu können. Kieran verdeutlichte das, indem er den mit einem Jura-Studium verbundenen Anspruch als mit den höchstmöglichen in der akademischen Umgebung beschrieb. Der Leistungsdruck im Studium sei hoch, und die regelmäßig anstehenden Bewertungen fielen im Vergleich äußerst streng aus. Das Benotungsschema werde, anders, als von der Schule gewöhnt, nicht voll ausgeschöpft. Doch das „Funktionieren unter Druck“, sei auch eine Kernkompetenz für künftige Volljuristen. Stets einen kühlen Kopf zu bewahren und strukturiert an eine Aufgabe heranzugehen, beschrieb Kieran als elementar. Wer das beherzige und sein Studium ernst nehme, werde feststellen, dass ein gutes juristisches Examen kein Hexenwerk sei.

Beruhigt habe Kieran, dass er sich einerseits jederzeit auf sein Wissen aus der Ausbildung verlassen konnte, was einen Vorsprung gegenüber seinen Mitstudierenden bedeutete sowie andererseits die Tatsache, dass er im Fall der Fälle immer auf den ausgebildeten Beruf hätte zurückgreifen können. Wer sich vorstellen könne, auch mit BWL-Themen zu arbeiten, wer gerne mit Sprachen arbeite und zudem über fließende Englischkenntnisse verfüge, läge mit Jura und besonders internationalen Kanzleien absolut richtig, so Kierans Antwort auf die Frage nach einer Empfehlung des Jura-Studiums. Er selbst habe eine irische Mutter sowie Freude am logischen Denken und dem Austausch von Argumenten. Gefragt nach seinem familiären Hintergrund antwortete er, dass er aus keinem Akademikerhaushalt stamme und dass der Hintergrund nicht entscheidend sei, um erfolgreich Jura zu studieren. Auch Baker McKenzie engagiere sich stark für Social Mobility und habe daher im Herbst 2022 als erste Kanzlei das "Stipendium für mehr Chancengleichheit" aus der Taufe gehoben. Das neue Stipendium richtet sich gezielt an Jurastudierende, die wegen kultureller, finanzieller oder familiärer Gründe einen erschwerten Zugang zum Juralernen haben. Dort hätte sich auch Kieran in seiner Studienzeit sehr gut aufgehoben gefühlt, wenn es dieses Format schon damals gegeben hätte, merkte er an.

Dass er Freude an der Vielfältigkeit des Jura-Studiums hatte und er letztlich mit dem Druck im Studium sehr gut klarkam, erwähnte er ganz bescheiden. Das gesteckte Ziel, beide Staatsexamen jeweils mit dem anvisierten "Prädikat" abzulegen, hat er mit viel Disziplin und Freude an der Materie erreicht.

Im Anschluss an das Jura-Studium steht stets das Referendariat an. Dieses hat Kieran im Gerichtsbezirk des Oberlandesgerichtes Stuttgart abgelegt. Seine Stationen waren sodann unter anderem die Staatsanwaltschaft Ravensburg im Bereich Wirtschaftskriminalität, eine der größten und erfolgreichsten Kanzleien der Welt: Baker McKenzie, das Verwaltungsgericht Sigmaringen und eine Station als Strafverteidiger (§ 139 StPO – seine persönliche Freispruchquote, mit der er sich aus diesem Karrierezweig verabschiedete, betrug 100 Prozent).

Nach dem Referendariat gelangte Kieran zurück zur Kanzlei Baker McKenzie, die ihm einen Arbeitsvertrag als Rechtsanwalt in seinem Wunschbereich Banking & Finance angeboten hatte – nicht zuletzt das tolle Team dort hatte Kieran, der sich alternativ auch als Staatsanwalt gesehen hätte, die Entscheidung leichtgemacht.

Bei den Fragen zu aktuellen Fällen in der Kanzlei musste Kieran aus Gründen des Berufsgeheimnisses eine Beantwortung leider ablehnen, was auf Verständnis stieß.

Obwohl die Tätigkeit als Anwalt in einer internationalen Großkanzlei zeitweise auch eine hohe Stressresistenz erfordere, machte Kieran den Schülerinnen und Schülern zugleich klar, dass sich in Sachen Work-Life-Balance und Familienfreundlichkeit in den vergangenen Jahren viel getan habe und die Tätigkeit gleichzeitig eine sehr gute Entwicklungskurve und Karrierechancen biete, die mit wenigen anderen Berufen vergleichbar seien. Die Internationalität – das Arbeiten über Grenzen, Sprachen und Zeitzonen hinweg – sei eine spannende und immer wieder lehrreiche Komponente. Natürlich seien am Ende auch das Einstiegsgehalt und die weitere Entwicklung äußerst attraktiv.

Kieran schloss seinen Vortrag mit einem kurzen Überblick zu Baker McKenzie anhand aktueller Zahlen, Daten und Fakten in einer kurzweilig gestalteten Präsentation. Anschließend stellte er sich den Schülerinnen und Schülern für eine individuelle Fragerunde zur Verfügung. Den rund 15 angehenden Abiturientinnen und Abiturienten gab Kieran nach Unterrichtsende fast noch eine Stunde bereitwillig Auskunft was die Teilnehmenden sehr zu schätzen wussten.        

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